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11.

Dec 2010

~ND

Delirium / Delirium

"Wir müssen ständig auf der Hut sein vor der Krankheit; die Gesundheit unserer Nation, unseres Volkes, unserer Familien und unseres Geistes hängt von stetiger Wachsamkeit ab." Das steht im Book of Shhh, dem Regelwerk an das sich in den USA der Zukunft jeder Bürger zu halten hat. Die Krankheit ist die Liebe und der damit Hand in Hand gehende Hass. Die Regierung hat eine Möglichkeit gefunden, diese Gefühle mit einer Operation, der sich jeder voll entwickelte Mensch ab der Vollendung des 18. Lebensjahrs, unterziehen muss, abzuschalten.
Danach sind alle Sorgen, Ängste, Schmerz und Probleme vergessen. Jeder bekommt den perfekten Partner zugeschrieben und führt ein ebenso perfektes Leben, um die Gesellschaft aufrecht zu erhalten und für Frieden und Wohlstand im Land zu sorgen.
Lena kann es kaum erwarten, den Eingriff hinter sich zu bringen. Auf diese Weise kann sie endlich ihre Vergangenheit ablegen, so hofft sie, denn ihr Vater ist spurlos verschwunden, als sie noch ein Kleinkind war, während ihre Mutter nie über diesen Verlust hinweg gekommen ist. Denn selbst nach drei Operationen konnte sie nicht geheilt werden und hat sich am Ende schließlich das Leben genommen. Lena will um alles in der Welt verhindern, so zu enden wie ihre Mutter.
Sie ist ein Vorzeigebürger, spielt immer nach den Regeln und tut alles, um möglichst unauffällig zu sein. Dann tut sie jedoch das Undenkbare: Sie verliebt sich. Und sie ist bereit dafür zu kämpfen.

In Lauren Olivers Delirium / Delirium wird ein zwiespältiges Bild der USA der Zukunft gezeichnet. Zum Einen gibt es quasi keine Armut mehr, kaum Gewalt und Verbrechen, keine Scheidungen, kein Betrug. Dafür müssen die Bürger aber ständige Überwachung, Razzien und Kontrollen in Kauf nehmen. Zwangsläufig erinnert diese dystopische Gesellschaft dadurch oft stark an das Dritte Reich. Der Staat schreibt vor, was gelesen und gehört werden darf, Autoren wie e. e. cummings und die meisten Werke von Shakespeare sind verboten, während Romeo und Julia als Paradebeispiel für die Zerstörungskraft der Krankheit gilt. Denn es gibt immer noch Sympathisanten und Invalide - Erwachsene, die nicht geheilt wurden - die gemeinsam einen Widerstand gebildet haben und immer wieder Proteste organisieren und dieses "gefährliche Gedankengut" am Leben erhalten.
Die immerwährende Kontrolle ist den normalen Bürgern aber weitgehend egal, denn durch den Eingriff sind alle verbliebenen Gefühle ebenfalls nur noch gedämpft vorhanden. Auch ihre Charaktere ändern sich grundlegend und im Endeffekt werden sie annähernd zu einer Art Zombie, was fast das Furchteinflößendste an der Geschichte ist.
Deshalb fällt es einem auch schwer zu verstehen, warum Lena zunächst so verzweifelt auf ihre Heilung wartet. Bald erkennt man aber, dass sie eigentlich nur Angst hat, denn tief in ihrem Inneren hat sie große Zweifel an dem ganzen System. Das ist auch der Grund, warum sie zum Einen alles daran setzt nicht aufzufallen, zum Anderen aber auch schnell ihre passive Einstellung aufgibt.

Delirium / Delirium beginnt relativ langsam. Die Autorin nimmt sich Zeit dem Leser das Leben, die Entwicklungen und neuen Gesetze verständlich zu machen und so entwickelt sich auch eine sehr dichte und bedrückende Stimmung. Zwischendurch gibt es immer wieder durchaus spannende und etwas schnellere Passagen, insgesamt bleibt das Tempo aber doch eher ruhig. Das macht den Roman aber keineswegs schlecht oder gar langweilig, nur stellenweise etwas ungewohnt. Das Ende dagegen lässt den Leser atemlos und für die Fortsetzung betend zurück.

Delirium / Delirium von Lauren Oliver wird am 1.2.2011 in den USA erscheinen. Der zweite Teil der Trilogie folgt 2012 unter dem Titel Pandemonium / Pandemonium. Auf deutsch ist Delirium / Delirium im Oktober 2011 beim Carlsen-Verlag erschienen. Hier könnt ihr euch die deutsche Ausgabe zu Delirium / Delirium angucken.

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