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05.

Jun 2016

~ND

All the Wrong Places

Es ist ihm schon wieder passiert: Zum dritten Mal wurde der semiprofessionelle Skater Brennan nun schon von einer Freundin verlassen, da er sie anscheinend sexuell nicht befriedigen konnte. Zumindest scheint das der einzige gemeinsame Nenner zwischen seinen letzten drei Freundinnen zu sein. Brennan weiß nicht mehr wirklich weiter. Zugegeben, er hatte nie einen sonderlich ausgeprägten Sextrieb, doch er dachte eigentlich immer, dass er seinen Freundinnen alles geben konnte, was sie wollten.
Eines ist Brennan nun allerdings klar: Er braucht Hilfe. Das Internet gibt nicht besonders viel her, also besucht er die zweite Möglichkeit, die sich ihm bietet - den einzigen Sexshop in Bluewater Bay. Und tatsächlich findet er dort Antworten...allerdings auf Fragen, die er sich nie zuvor gestellt hat.

Zafir hat viele Eigenschaften, die ihn auszeichnen und über die er sich definiert: Moslem. Alleinerziehender Vater. Angestellter in einem Sexshop. Und asexuell. Er hat sich schon vor langer Zeit damit abgefunden, dass Lust und Sex einfach etwas sind, das er nicht empfindet und auch nicht unbedingt braucht. Als Zafir Brennan in seinem Laden begegnet und viele von dessen Beschreibungen Zafir an seine eigenen Erfahrungen erinnern, wird er den Verdacht nicht los, dass Brennan vielleicht ebenfalls asexuell sein könnte.

Für Brennan beginnt damit die schwerste, erschreckendste und gleichzeitig beste Zeit seines Lebens, denn nicht nur werden ihm einige Dinge plötzlich glasklar, er findet in Zafir und seinem Sohn Tariq auch noch die besten Freunde, die er jemals hatte. Doch Brennan plagen immer noch Zweifel, was seine Identität angeht - und wieso er mit niemandem lieber seine Zeit verbringt, als mit Zafir...

Mit All the Wrong Places von Ann Gallagher habe ich mich zum ersten Mal an ein Thema getraut, vor dem ich mich bisher immer ein wenig gedrückt hatte: Asexualität. In so vielen Büchern werden die Charaktere von Lust und Leidenschaft getrieben und oft werden ihre Emotionen auch auf diese Weise an den Leser vermittelt. Bei asexuellen Charakteren fällt das mehr oder weniger weg und ich hatte Angst, mich daher nicht auf die Figuren und ihre Beziehungen wirklich einlassen zu können.
In gewisser Hinsicht war das in All the Wrong Places auch der Fall - allerdings mit voller Absicht der Autorin. Denn genau das ist auch einer der Punkte, mit denen Brennan sich herumschlagen muss. Woher soll er wissen, was Liebe ist, wenn es keinen Sex und nur eingeschränkte körperliche Nähe gibt? Wo hört eine Freundschaft auf und fängt eine Beziehung an? Brennan und Zafir müssen das für sich selbst in All the Wrong Places herausfinden und ich muss sagen, mir hat ziemlich gut gefallen, wie Ann Gallagher das Alles gehandhabt hat. Ich habe nie an Brennans und vor allem Zafirs Gefühlen gezweifelt und fand es sehr schön, wie sie sich durch das Wirrwarr ihrer Emotionen gekämpft haben.
Ebenfalls viel Spaß hatte ich mit Zafirs Sohn Tariq, der wirklich ein sympathischer kleiner Kerl war. Er und Brennan knüpfen schnell Freundschaft über ihr gemeinsames Interesse am Skateboarden und auch zu seinem Vater hat Tariq eine wirklich schöne Beziehung. Er ist auch Zafirs wichtigste Motivation, schließlich ist alles was er tut für Tariq, inklusive der zwei Jobs, mit denen er sich abrackert. Zafir ist auch sehr vorsichtig, wen er in das Leben seines Sohnes lässt, denn er hat schon einige schlechte Erfahrungen mit früheren Partnern gemacht, was für einige sehr spannende und intensive Szenen sorgt.
Natürlich lernt man beim Lesen auch eine Menge über das Thema Asexualität. Mir zumindest war gar nicht bewusst, wie viele verschiedene Facetten diese Orientierung hat und wie schwierig es sein kann, sich selbst zu finden, wenn man als Betroffener damit konfrontiert wird. Das Spektrum ist wirklich groß, doch die Ansätze werden sehr schön und passend in diese Geschichte eingebaut.

Von diesem Aspekt der Geschichte war ich also sehr angenehm überrascht. Überhaupt gibt es nur sehr wenig, das mir an All the Wrong Places nicht gefallen hat. Leider ist eine Sache davon allerdings das Ende bzw. das letzte Kapitel vor dem Epilog. Hier gibt es natürlich die große Auflösung und die Dinge zwischen den Charakteren spitzen sich zu. Leider hat sich dieses Kapitel aber etwas gestelzt angefühlt und wirkte etwas arg eilig abgehandelt. Der Epilog macht das zwar etwas besser, allerdings wirkt er auch durch das knappe letzte Kapitel etwas übertrieben. Das Ende hat mir zwar dennoch sehr gut gefallen, trotzdem hätte ich dort gerne etwas mehr Ausführlichkeit und Natürlichkeit gesehen.

Auch ohne Sex ist All the Wrong Places von Ann Gallagher eine schöne unterhaltsame Geschichte, die gerade deswegen besonders stark von den Emotionen ihrer Figuren lebt. Wer mal über ein etwas anderes Thema lesen will, dem könnte All the Wrong Places sehr gut gefallen.

All the Wrong Places erscheint am 13. Juni 2016.

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