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21.

Feb 2016

~ND

Dark Touch

Tully will nur eines: Raus. Raus aus ihrem Haus, in dem ihr Alkoholiker von Vater ihr das Leben zur Hölle macht. Raus aus der Schule, in der sie keine wirklichen Freunde mehr hat, seit die Gerüchte über sie anfingen die Runde zu machen. Raus aus ihrer Stadt, in der sie seit dem Tod ihrer Mutter nichts mehr hält. Und raus aus ihrer eigenen Haut und ihrem eigenen Kopf. Tully weiß, dass absolut nichts Gutes an ihr ist; sie ist verdorben und gefährlich und zerstört alles, mit dem sie in Kontakt gerät. Und das Schlimmste: Jedem, den sie anfasst, ist das sofort klar. Aus irgendeinem Grund lässt sie die Menschen in ihren Kopf und an ihren Gefühlen teilhaben, sobald sie sie berührt. Und dort gibt es nur Dunkelheit.
Normalerweise machen alle einen großen Bogen um Tully und wollen nichts mit ihr zu tun haben - zumindest bis Tully Chris kennenlernt. Chris, der fröhlich und gutherzig ist, dem die Türen zur Welt offenstehen und der aus für sie vollkommen unerklärlichen Gründen Tullys Freundschaft will - und mehr. Sie versucht ihm immer und immer wieder klar zu machen, dass sie nicht gut für ihn ist, doch Chris lässt sich nicht so einfach abwimmeln, nicht einmal ihre Berührung schreckt ihn ab. Und bald schon muss Tully feststellen, dass er ihr Leben besser macht. Vielleicht sogar so viel besser, dass sie einen neuen Weg für ihre Zukunft sieht.
Doch Tully sollte es eigentlich besser wissen. Denn jemand wie sie verdient kein Happy End, nicht nach all dem was sie getan hat...

Ich muss zugeben, dass Dark Touch von Aimee L. Salter ganz und gar nicht die Geschichte war, die ich erwartet hatte. Denn eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass es sich primär um eine Fantasygeschichte handelt mit Tullys merkwürdiger Gabe und dass diese Dunkelheit in ihr ebenfalls eine wirkliche, greifbare Sache ist. Doch eigentlich sind Tullys Fähigkeiten eher nebensächlich - und das ist auch gut so. Denn so lenkt es nicht vom eigentlichen Kern der Geschichte ab und das ist Tullys unbeschreiblich furchtbare Lebensgeschichte.
Sie lebt in einem heruntergekommenen Haus, ihr Vater ist Alkoholiker und seit ihre Mutter vor Jahren gestorben ist leben die beiden nur noch nebeneinander her - zumindest wenn er nicht gerade ausflippt und sie schlägt. Sie gibt außerdem viele weitere Hinweise auf Dinge, die ihr widerfahren sind und keine davon sind gut. Dass sie einen Ausweg sucht ist daher nur allzu verständlich. Doch noch ist sie nicht 18 und auch ihren Schulabschluss hat sie noch nicht. Ihr einziger Ausweg sind unbedeutende sexuelle Eskapaden und Drogenexzesse, nach denen sie sich jedes Mal nur noch schmutziger und unwohler fühlt.
Es ist also kein Wunder, dass sie erst einmal keine Ahnung hat, was sie mit jemandem wie Chris anfangen soll. Denn Chris ist alles, was sie nicht ist - gut, rein und liebenswert. Tully weiß, dass sie diese Reinheit verschmutzen wird, sollte sie sich auf Chris einlassen, doch er lässt nicht locker und will ihr unbedingt helfen. Es ist aber auch wirklich schwer nein zu Chris zu sagen. Er ist so herzlich, ehrlich und einfach gut, dass es unmöglich ist, ihn nicht zu mögen. Im Gegensatz dazu wirkt Tully nur noch unwirscher und unterkühlter, was es manchmal gar nicht so einfach macht, sie zu mögen. Doch dann passiert wieder etwas, das einem vor Augen führt, wie Tully lebt und man bekommt ganz schnell wieder Verständnis für sie.
Trotzdem, manchmal ist Tully schon extrem frustrierend. Ihr stehen alle Mittel zur Verfügung ihr Leben zu verbessern - und sie nutzt ihre Chancen nicht. Sie arbeitet sogar aktiv dagegen und das war etwas, bei dem ich nicht sicher war, dass ich es ihr verzeihen kann. Alles was sie tut, geschieht zu ihren Bedingungen und sie verletzt die Leute, die ihr ehrlich helfen wollen, in einer Tour. DAS ist die eigentliche Dunkelheit in ihr und steht symbolisch für all das mit dem sie Chris nicht beschmutzen will.
Ich bin mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, wieso Aimee L. Salter das Fantasy-Element mit Tullys Berührung und ihren Gefühlen eingefügt hat. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Geschichte auch so ziemlich gut funktioniert und zusätzlich noch die ein oder andere Sache, die an Dark Touch nicht ganz rund geworden sind, vermieden hätte. Denn irgendwie wurde mir ihrer Gabe nicht genug Beachtung geschenkt. Keiner fragt sich, wie es eigentlich dazu kam und was es damit auf sich hat. Die ganze Stadt hat zwar Angst vor Tully, tut aber gleichzeitig so, als wäre es nichts Besonderes. Meiner Meinung nach hätte die Autorin dieses Element auch wirklich erklären und durchdenken müssen, wenn sie es schon einbaut, denn eigentlich ist es eine schöne Idee, die vor allem Chris zeigt, wie es um Tully steht und dem Buch eine intensive, emotionale Stimmung verleiht. So wie es war hat es sich etwas unfertig angefühlt.

Wie gesagt ist Dark Touch von Aimee L. Salter aber auch in erster Linie kein Fantasybuch. Es geht um Missbrauch und Sucht, wieso Betroffene damit leben und wie man schließlich aus diesem Teufelskreis wieder herauskommen kann. Und in dieser Hinsicht funktioniert Dark Touch. Deswegen hat es mir unterm Strich auch wirklich gut gefallen und ich kann es ehrlich empfehlen. Es war eine angenehme Überraschung und ich werde in Zukunft sicherlich weiter nach dieser Autorin Ausschaut halten.

Dark Touch erscheint am 23. Februar 2016.

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