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02.

Jun 2015

~ND

Modern Monsters

Der 17-jährige Vic stand schon immer Schatten seines besten Freundes Brett. Während Brett zu allen Parties eingeladen wird und jeder mit ihm befreundet sein will, sitzt Vic immer eher am Rande des Geschehens fest, wo ihn die meisten Leute übersehen. Im Grunde macht ihm das aber gar nicht so viel aus. Mit seinem Stottern und seiner Schüchternheit fühlt er sich mit zu viel Aufmerksamkeit ohnehin alles andere als wohl.
Doch dann wird Vic unfreiwillig und sehr jäh ins Rampenlicht gezogen. Auf einer Party, bei der so ziemlich die ganze Schule anwesend war, wurde seine Mitschülerin Callie vergewaltigt - und Vic war der Letzte, der mit ihr gesehen wurde, als er eine sehr betrunkene Callie die Treppe hochgeschleppt hat. Vic versteht die Welt nicht mehr, schließlich wollte er Callie nur helfen, als er sie in einem der Schlafzimmer untergebracht hat. Doch nun steht er im Fokus der Polizei, seine eigene Mutter glaubt nicht an seine Unschuld und es dauert auch nicht lange, bis die ganze Schule weiß, was ihm vorgeworfen wird.
Nur Brett steht noch zu ihm. Zumindest bis Unterstützung von ganz unerwarteter Seite kommt: Ausgerechnet Callies temperamentvolle beste Freundin Autumn scheint nicht überzeugt, dass Vic wirklich der Täter ist. Und so machen es sich die beiden gemeinsam zur Aufgabe, den echten Vergewaltiger zu finden...

In allen Büchern, die ich bisher von Kelley York gelesen habe, nimmt sie sich sehr schwierigen Themen an, sei es Suizid, Mord oder häusliche Gewalt. Auch Modern Monsters bildet da offensichtlich keine Ausnahme. Es ist wohl eine der schrecklichsten Situationen, die man sich vorstellen kann, in der Vic sich da befindet: Er wird unschuldig der Vergewaltigung bezichtigt. Doch Vic, der immer bemüht war, der beste Mensch zu sein, der er sein konnte, trifft das besonders hat. Vor allem, da nicht mal seine eigene Mutter ihm Glauben schenken will. Vic tat mir wirklich unheimlich Leid. Er hatte kein einfaches Leben, denn seine Mutter hat ihm schon lange vor diesem Vorfall keine Liebe mehr gezeigt und sein Stottern ist nicht gerade hilfreich, um soziale Kontakte zu knüpfen. Nach der Party und Callies Vergewaltigung, die sich nur noch Bruchstückhaft an diese Nacht erinnern kann, schlägt die Geleichgültigkeit, die ihm bis dahin entgegengebracht wurde, sehr schnell in Verachtung um. Und Vic hat das wirklich nicht verdient. Trotz seiner zugegenermaßen sehr ungeschickten und nervösen Art ist er ein rundum guter Kerl. Es ist schrecklich, was ihm alle widerfährt und wie die Öffentlichkeit ihn behandelt - gleichzeitig ist es aber natürlich auch irgendwo verständlich. Modern Monsters wirft ein Licht darauf, wie leicht man sich durch Gerüchte und Medien zu einer Meinung hinreißen lassen kann. Halbwahrheiten sind gefährlich und das muss auch Vic immer wieder schmerzlich feststellen.
Doch er wird sich nicht kampflos geschlagen geben. Und da kommt Autumn ins Spiel. Sie ist natürlich zunächst sehr skeptisch was Vic angeht. Doch je verschwommener die Beweislast gegen ihn wird, umso mehr beginnt sie Vic zu glauben. Auch sie ist ein großartiger Charakter, den ich sehr schnell ins Herz geschlossen habe. Sie ist loyal, stark und lässt sich nicht so leicht von der Meinung der Masse blenden. Sie ist bereit alles für Callie zu tun und begibt sich dabei in die ein oder andere brenzlige Situation. Sie und Vic entwickeln eine tolle Freundschaft, die mehr in Vic bewirkt, als er zunächst selbst bemerkt, die aber genau das ist, was er braucht.
Irgendwann bekommt man als Leser natürlich so eine Ahnung, wer in Modern Monsters der echte Täter ist. Zumindest kann man die Verdächtigen stark einschränken. Trotzdem hat Kelley York mich wirklich lange im Dunkeln tappen lassen und eine interessante Geschichte gesponnen, die für einige Überraschungen gut ist.
Allerdings muss ich sagen, dass es mir manchmal ein wenig an atmosphärischer Dichte gefehlt hat. In ihren anderen Büchern habe ich mich fast die ganze Geschichte über schrecklich gefühlt. Alles wirkte so aussichtslos und einfach traurig. Doch das war nichts Schlechtes - im Gegenteil, ihre Geschichten haben mir emotional extrem berührt. Auch in Modern Monsters ist das in Ansätzen wieder so, vor allem in der Anfangsphase, in der Vic sich von Gott und der Welt verlassen fühlt und nur noch Brett für ihn da ist. Trotzdem wird diese Stimmung nicht aufrecht erhalten und so fühlt sich manche spätere Entwicklung fast ein bisschen...leicht an. Man fühlt sich emotional nicht ganz so involviert, wie in ihren anderen Romanen.

Trotzdem ist Modern Monsters von Kelley York ein sehr gutes Buch, das mir wieder mal bewiesen hat, wie gerne ich die Geschichten dieser Autorin lese. Eine spannende Handlung, eine Prise Romantik und eine großartige Charakterentwicklung machen auch dieses Buch sehr lesenswert.

Modern Monsters ist ab heute im Handel.

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