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22.

Mar 2015

~nia

Dear John

Die Kurzbeschreibung zu diesem Fanfiction scheint auf den ersten Blick alles zu sagen, was man wissen muss:

With Sherlock dead, John eventually (under duress) makes a profile on an online dating site. And falls into a long-distance relationship with an enigmatic partner who reminds him of Sherlock in all the right ways. (Hint: it turns out to be Sherlock.)
Übersetzung: Nach Sherlocks Tod meldet sich John (gezwungenermaßen) auf einer Partnerschaftsseite im Internet an. Dabei baut er eine Fernbeziehung zu einem rätselhaften Mann auf, der ihn in allen wichtigen Dingen an Sherlock erinnert. (Hinweis: Wie sich zeigt, ist es Sherlock).

Doch an Dear John finden sich eine Menge Dinge, die es deutlich von der Masse der 'normalen Fanfiction' Geschichten abheben. Zunächst ist da die Tatsache, dass die Geschichte komplett in Briefform geschrieben ist. John und William (Sherlock heißt mit vollem Namen William Sherlock Scott Holmes) kommunizieren miteinander in Form von E-Mails und seltener Live-Chats. Doch die Autorin, wendymarlowe, hat mit dieser Geschichte auch noch etwas anderes gemacht, sie hat Dear John in Echtzeit gepostet. Das heißt, alle die Dear John vom ersten Post an gelesen haben (der Post war am 19.11.2014) mussten bis zum 9.02.2015 warten, bis sich John und Sherlock tatsächlich Auge in Auge gegenüberstanden. Und wie das überhaupt in Briefform funktioniert hat, verrate ich natürlich nicht.

Leider, und das meine ich ganz erst, habe ich mich immer geweigert sogenannte Work in Progress Fanfiction zu lesen. Ich hatte über tumblr schon etwas von dem Dear John-Phänomen gesehen, aber beschlossen gar nicht erst damit anzufangen. Im Endeffekt bin ich traurig darüber, weil das ursprügliche Leseerlebnis vermutlich fantastisch war. Auf der andere Seite bin ich aber auch froh, denn es gibt die ein oder andere schwierige Stelle in Dear John. Insbesondere ist da eine wochenlange Funkstille zu nennen, die sich selbst beim normalen Lesen schrecklich anfühlt und die in Echtzeit vermutlich die Hölle pur war.

Es gibt noch zwei weitere kurze Nachfolgegeschichten (eine letzte soll noch folgen). Diese sind aber zum Glück in umgekehrter Reihenfolge erschienen, sodass der Abschluss der Geschichte, The Apology genannt, in trockenen Tüchern ist. wendymarlowe empfiehlt allen, für den originalen 'Echtzeit-Effekt' auch die Kommentare zu Dear John auf AO3 zu lesen. Und ich muss ihr da recht geben. Nach einem ersten Durchjagen, habe ich bei Dear John einen zweiten Durchgang mit Kommentaren gemacht. Es ist so viel besser, die ganzen Reaktionen zu erleben. Immerhin habe ich es bis fast zum 40 Kapitel geschafft, bevor ich mir doch den Seelenbalsam der Abschlussgeschichte (The Apology) gegönnt habe, um danach weiter im Mailverkehr zu versinken.

Die ganze Idee ist fantastisch gewesen und alleine die Tatsache, dass die Geschichte inzwischen fast 70.000 Hits hat, sagt alles. wendymarlowes Geschichte ist gar nicht mal so lang (gute 23,000 englische Wörter entsprechen etwas über 50 Buchseiten), trotzdem bringt einem Dear John ein unglaublich fesselndes, ungewöhnliches und hervorragendes Leseerlebnis.
Fazit: Absolut empfehlenswert.

Wissenswertes zum Schluss:
Um den Titel in all seinen Facetten würdigen zu können, muss man Folgendes wissen: Seit dem zweiten Weltkrieg gibt es die Bezeichnung des 'Dear John letter'. Damit sind Briefe gemeint, in denen die Liebste von Daheim mit dem Soldaten an der Front Schluss macht (mehr hier). Und tatsächlich hat mich diese Geschichte in Kombination mit einem weiteren Fanfiction, in dem Sherlock tatsächlich einen solchen Brief schreibt, erst darauf gebracht, dass es hier nicht nur um ein 'Lieber John' geht. Sag noch mal einer Fanfiktion seien ein minderwertiger Abklatsch von Büchern und man könne nichts lernen. Als weibliches Pendant fungiert übrigens Dear Jane.

Hier geht es zum Buch!

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