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04.

May 2012

~nia

The Fallen Blade / Silberklinge

Halb tot kommt Tycho in Venedig an. Gefesselt in silbernen Ketten, eingekerkert in einer Kammer, die ihm noch nicht mal Platz für seine Notdurft bietet und ohne eine Erinnerung an sein früheres Leben. Unabsichtlich wird er aus seinem Gefängnis befreit und landet im Wasser der Lagunenstadt, wo er doch noch beinahe sein Ende findet. Doch Tycho ist kein Mensch und deshalb stirbt er auch nicht so leicht wie ein solcher.

In Jon Courtenay Grimwoods Venedig des beginnenden 15. Jahrhunderts leben nicht nur Menschen in der Lagunenstadt, auch Wolfsmenschen, Hexen und andere seltsame Wesen. Tycho ist eines davon - allerdings weiß er selbst nicht genau, was oder wer er eigentlich ist. Durch sein unfreiwilliges Bad kommen dem silberhaarigen, schönen Jungen, dessen Wunden so schnell und ohne Narben heilen, erste Erinnerungen an eine Welt vor 100 Jahren und einen Ort, der in Venedig völlig unbekannt ist. Sehr schnell erkennen die Machthaber um den Dogen und ihre Assassinen Tychos Wert und machen ihn zu einem Sklaven und Lehrling der Gilde. Und Tycho ist äußert begabt, auch wenn ihm der Sinn und Zweck vieler Übungen ein Rätsel ist und das erbarmungslose Miteinander der Menschen ihn oft abstößt. Dennoch ist auch Tycho ein grausames Wesen: Wenn Vollmond ist und er nicht drinnen bleiben kann, muss er seinem Drang nachgeben, sich verwandeln und Seelen trinken gehen. Erst als er Giuletta Millioni, der Cousine des Dogen begegnet, bekommt Tychos Leben einen weiteren Sinn.

So interessant und spannend sich die Idee um ein fantastisches, mittelalterliches Venedig mit seltsamen Wesen und einer Assassinengilde anhört, so enttäuscht bin ich von der Umsetzung in The Fallen Blade / Silberklinge gewesen. Es braucht ewig - fast das halbe Buch - bis man überhaupt einmal weiß, wer was warum macht. Selbst dann bleibt die Intention einer Vielzahl der Charaktere oft immer noch im Dunkeln. Zudem ist das Buch extrem blutrünstig - bis auf zwei der drei Protagonistinnen haben eigentlich alle Charaktere Blut oder Schlimmeres an den Fingern. Auch sonstige Körperinhalte, die ein Mensch verlieren kann, nehmen immer wieder zu viel Raum in der Erzählung ein. Dagegen findet man ausführliche Beschreibungen der verschiedenen Wesen sehr selten - was man als Leser wirklich nur bedauern kann. Hier verschenkt der Autor viel zu viel Potential. Vielleicht hat sich Jon Courtenay Grimwood gesagt, bei einem Auftaktband zu einer Trilogie muss noch Luft nach oben bleiben? Allerdings bezweifele ich, dass mehr als nur ein paar Hartgesottene überhaupt die Nase in den zweiten Band stecken werden. Einzig die immer noch offene Frage, ob Tycho ein Vampir, ein gefallener Engel, ein Gestaltwandler oder ein ganz anderes Wesen ist, hat mich zusammen mit dem Epilog nach über 500 zähflüssigen Seiten dann doch ein wenig neugierig auf den Folgeband gemacht.

Für das Rezensionsexemplar der deutschen Ausgabe bedanke ich mich ganz herzlich beim Droemer Knaur-Verlag.

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