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06.

May 2014

~nia

Special Delivery

Sam ist schwul. Das ist an sich nichts besonderes, doch Sam hat Wünsche und Begierden, die nicht jeder Mensch nachvollziehen kann - ganz unabhängig davon, welches Geschlecht jemand bevorzugt. Sam möchte sich sexuell unterwerfen, er möchte rumkommandiert, besser noch erniedrigt werden, doch dazu fehlt es ihm an dominanten Männern in Middleton, Iowa, USA. Außerdem ist Sam extrem unzufrieden mit seinem Leben. Nach dem Tod seiner innig geliebten Mutter lebt er bei seinen lieblosen Verwandten. Da seine Tante und sein Onkel zu viel verdienen, bekommt er kein Stipendium und muss sich in ihrer Apotheke seinen Lebensunterhalt verdienen. Zum Ausgleich bezahlen sie ihm die teure Schule, an der Sam seine Ausbildung als Krankenpfleger macht und dulden ihn in ihrem Haus, beziehungsweise Keller. Eines Tages füllt Sam tanzend das Apothekenlager auf und bekommt nicht mit, dass ihn ein Trucker durch die offene Hintertür beobachtet und ihn mit den Augen verschlingt. Als Sam sich der Anwesenheit von Mitch endlich bewusst wird, lässt er sich - ebenfalls fasziniert von dem großen und starken Mann - auf ein fantastisches, sexuelles Abenteuer in Mitchs Truck ein. Als Sams Leben droht, aus den Fugen zu geraten, reißt er aus. Mitch gabelt ihn auf und nimmt ihn mit auf eine Reise in seinem Truck. Eine Reise, die nicht nur ihre beiden Leben verändern wird...

Schon länger wollte ich ein Buch von Heidi Cullinan lesen, wusste aber nie so recht, welches der vielen ich auswählen sollte. Nachdem ich zur Special Delivery-Reihe einige fantastische Rezensionen gesehen habe und den zweiten Band bei einem Gewinnspiel gewonnen habe, war die Entscheidung gefallen. Und, was soll ich sagen, die Serie hat sich als ein Glücksgriff erwiesen. Allerdings muss ich vorweg die Warnung schicken, es geht heiß her in Special Delivery. Wer erotische Standardszenen sucht, ist mit den Special Delivery-Büchern schlecht bedient. Der erste Band ist noch der harmloseste, doch das ist relativ. So gibt es nicht nur die Szenen, in denen Mitch Sam beim Sex mit anderen zuguckt (und dies aus vollem Herzen genießt), sondern auch eher ungewöhnliche Rollenspiele, insbesondere, wenn an den Szenen mehr als zwei Mann beteiligt sind. Doch im Endeffekt ist es so - wie es sowohl Mitch als auch, sein und Sams besonderer Freund, Randy sagen "Sam, as the submissive, is the one in charge", was in etwa bedeutet, dass Sam als der sich Unterordnende die Regeln bestimmt, was an sexuellen Spielen geht und was nicht. Und egal wie seltsam man Sams Neigungen vielleicht finden mag, er hat die anderen wirklich in der Hand. Sam hat darüber hinaus ein so sonniges und herzliches Gemüt, dass er nicht nur Mitchs Herz im Sturm erobert. Ja, in Sam muss man sich einfach verlieben. Und wenn man seinen Hintergrund erst einmal so richtig erfasst hat, wünscht man ihm all den Sonnenschein, den er selber so uneigennützig verbreitet.

Hinzu kommt, dass Heidi Cullinan neben dem großartigen Sam mit Mitch und dem, anfangs eher berüchtigten Randy, zwei weitere wunderbare Charaktere aus der Feder gesprungen sind. Mitch und Sam passen einfach auf so vielen Eben zusammen, dass es einem in der Seele weh tut, wenn - nein, sorry, das kann ich doch nicht verraten. Dann ist da noch Randy. Anfangs kann man ihn nicht die Bohne ausstehen, bis man ihn zusammen mit Sam besser kennenlernt und versteht, dass tief in ihm drin ebenfalls eine zarte Seele begraben liegt. Wenn die drei dann gemeinsam sexuell aktiv werden, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Und am Ende von Special Delivery freut man sich, dass Randy schon in der darauf folgenden Kurzgeschichte Hooch & Cake eine größere Rolle spielt und in Double Blind dann sein eigenes Buch bekommt. Selbst wenn ihr es anfangs nicht für möglich haltet, auch in Randy mit seiner 'ich lasse mich von niemandem anpissen'-Attitüde kann man sich heftig verlieben.

Achtung, wer genau liest, wird im folgenden Abschnitt bespoilert. Also nicht lesen, wenn das Ende von Special Delivery eine Überraschung sein soll.
Der einzige Punkt an Special Delivery, der mir nicht hundert prozentig gefallen hat, war der Schluss. Ja, ich mag ein glückliches Ende und auch große Gesten können gelegentlich mein Herz erfreuen. Doch hier war es mir wirklich zu viel. Schon alleine, weil Sam mitten in seiner Ausbildung steckt und so jung ist. Aber ich weiß, dass zu dem Thema über dem Teich eine andere Einstellung zu herrscht. Trotzdem war mir Special Delivery damit am Ende zu kitschig und diese Tatsache kostet das Buch die volle Punktzahl. Da kann ich dann eben auch nicht aus meiner Haut.

Insgesamt hätte ich nie gedacht, dass mir mit Special Delivery eine Trucker-Geschichte so nahe und unter die Haut geht. Das lag natürlich an den tollen Charakteren. Insbesondere Sam und seine seltsame Art, Sonnenschein zu verbreiten, obwohl er selber oft wenig Grund zum Lachen hat, und der zuerst so unangenehme Randy haben zu einem großen Teil zu meiner Lesefreude beigetragen.

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