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09.

Mar 2014

~nia

Brute

Brute ist riesig (7 Fuß = 2,13 m), hässlich und eine Waise. Sein Vater wurde, als er noch ein kleiner Junge war, wegen Diebstahl hingerichtet und seine Mutter, eine ehemalige Hure, hat sich danach umgebracht. Sein Onkel hat Brute nur wiederwillig aufgenommen, ihn regelmäßig verprügelt und nie zur Schule gehen lassen. Die Leute in seinem kleinen Dorf halten Brute für dumm und gewaltbereit. Er ist weder das eine noch das andere. Selbst wenn er der Packesel des Dorfes ist und meist nichts als Steine schleppt, ist Brute kein bisschen dumm, sondern ein nachdenklicher, introvertierter junger Mann. Außerdem würde Brute ohne triftigen Grund, nicht mal einer Fliege was zuleide tun.
Als in der Nähe des Dorfes eine Brücke über ein Flusstal gebaut und einer der königlichen Prinzen Tellomers den Fortschritt begutachten kommt, fällt dieser in die Schlucht. Brute ist als einziger wagemutig genug, Prinz Alfrid hinterher zu klettern und rettet ihm so das Leben. Er wird dabei aber selbst schwer verletzt und kann seine Arbeit nicht mehr ausführen. Der Prinz will Brute für seinen Einsatz belohnen, doch etwas anderes als einen neuen Job will Brute als Belohnung nicht annehmen. Und so wird er von Prinz Alfrid in den Palast eingeladen und bekommt dort einen neuen Job zugeteilt. Brute wird Wächter, Betreuer und Kerkermeister des blinden, seherischen Magiers Gray. Und auch Gray ist nicht der, der er auf den ersten Blick zu sein scheint...

Brute ist mein erstes Buch von Kim Fielding gewesen, aber ganz bestimmt nicht mein letztes. Brutes Geschichte ist ein Juwel. Das liegt besonders an Brute, einem der liebenswertesten Hauptcharaktere, denen ich je begegnet bin. Dieser Riese von einem Menschen hat eine Seele aus Gold. Und das, obwohl ihm schon seit langer Zeit niemand mehr mit Liebe oder Respekt begegnet ist. Kein Wunder also, dass Brute selbst glaubt, wenig Wert zu sein und all das Schlechte, dass ihm passiert ist, als gegeben hinnimmt. Brute nimmt das Leben so, wie es kommt. Erst durch seine Erlebnisse im Palast, bei denen er mehr als nur einen Freund gewinnt, wird ihm klar, dass man sein Schicksal manchmal auch selbst in die Hand nehmen muss.

Wenn man dann erlebt, wie Brute mit Gray umgeht und im Vergleich dazu erfährt, wie andere mit dem Magier umgegangen sind, muss man sich einfach in Brute verlieben. Dass jemand, einem als Verräter gebrantmarkten mit Mitgefühl begegnet ist das eine. Dass Brute aber auch die Toleranz besitzt, ihn nicht einfach von vorneherein zu verurteilen, fand ich bemerkenswert. Besonders, wenn man Brutes Vergangenheit berücksichtigt und erkannt hat, dass fast niemand in diesem Fantasyreich überhaupt mit Toleranz gesegnet ist.
Brute erkennt schnell, dass Grays Gabe ein schlimmerer Fluch ist, als die Ketten, die ihn im Kerker festhalten. Und so ist es kein Wunder, dass er neugierig wird und den Menschen hinter dem zerstörten Äußeren kennenlernen möchte. Brute und Gray lernen sich tatsächlich kennen, sie werden Freunde und verlieben sich ineinander. Und weil es so wunderschön ist, hier ein paar Sätze von Gray an Brute:

Don't tell you my heart beats for you? Don't tell you my soul sings for you? Don't tell you that you're hope to me, life to me, the center of my fucking universe?
Übersetzung: Ich soll dir nicht sagen, dass mein Herz für dich schlägt? Dir nicht sagen, dass meine Seele für dich singt? Dir nicht sagen, dass du meine Hoffnung bist, mein Leben und das Zentrum meines verdammten Universums?

Und ja, gerade weil Gray am Ende seiner Liebeserklärung flucht, fand ich sie besonders gelungen. Denn Grays Leben ist kaum ein Leben, es ist ein im Elend dahinvegetieren. Erst Brute macht ihn wieder lebendig. Lange Zeit fragt man sich, wie die Geschichte eines Gefängniswächters und seines Gefangen jemals gut ausgehen kann, doch tatsächlich findet Kim Fielding hier einen gelungenen und nachvollziehbaren Weg. Man erlebt Brute komplett aus Brutes Erzählperspektive, dennoch schafft es die Autorin, einem auch Gray oder Brutes Freunde im Palast, etwa Alys oder Warin, oder die übrigen Personen nahe zu bringen. Die Frau hat wirklich ein Händchen dafür, lebendige Charaktere zu erschaffen. Auch die Fantasywelt von Tellomer hat mir gut gefallen. Der Fokus liegt ganz sicher auf den Charakteren und den Dialogen, dennoch bietet die Welt mit ihrer Härte und ihrer Magie die Basis der Geschichte.

Fazit: Eine wunderbare Geschichte zweier verlorener Persönlichkeiten. Insbesondere Brute ist ein fantastischer Charakter. Ohne Selbstmitleid zieht er durch sein Leben und ist freundlich und höflich, selbst wenn niemand es zu ihm ist. Gray ist auf seine Art ebenso wunderbar und liebenswert. Die zwei ein Paar werden zu sehen, war wie Balsam auf der Seele. Brute ist eine Geschichte über Toleranz und ein absolut lesenswertes Buch. Das nächste Werk von Kim Fielding habe ich schon gekauft.

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