16.May 2013 |
~nia
Nachtstimmen |
Anne hat eigentlich alles, was man sich nur Wünschen kann: einen Mann, drei Kinder, ein Haus am Stadtrand von Berlin und einen gut bezahlten Job. Doch seit sie sich in Elternzeit für ihrer jüngsten Tochter Gillian (6 Monate) befindet, wird sie zunehmend unzufriedener. Denn ihr wird immer mehr klar, dass ihr Leben längst nicht so toll ist, wie es sich vielleicht anhört. Anne und ihr Mann Sebastian haben sich völlig auseinander gelebt. Nur der Kinder und den Hypotheken, die das Haus belasten, zuliebe, hält Anne die Fassade der heilen Familie aufrecht. Aus dem Miteinander ist aber längst ein neben- oder sogar gegeneinander geworden.
Neuerdings verbringt Anne die Zeit, die Gillian und der Haushalt ihr lassen, online in einem Fantasyrollenspiel. Dort begegnet ihrem Charakter 'der Maid' ein männlicher Gegenpart Namens 'Darklord'. Im Spiel sind beide innig verbunden und irgendwie kommen die beiden in dem dazugehörigen privaten Forum ins Gespräch und sind schnell mehr als nur fasziniert voneinander.
Trotz Kindern und normalem Leben, nimmt der Italiener Daminano, der sich hinter dem Darklord verbirgt, einen immer größeren Raum in Annes Leben ein. Im Netz erzählen sie sich nächtelang aus ihrem Leben. Schnell fühlen sich auch sexuell voneinander angezogen, was sich in mehr oder weniger heftigem Cybersex äußert. Anne spürt eine Verbindung zu diesem Mann, den sie ja noch nicht mal in Natura kennt, dass es geradezu unheimlich ist.
Nachtstimmen ist der erste Teil der drei bändigen Die Banfhile-Chroniken von Anne Amalia Herbst. Insgesamt hat das Buch eine sehr interessante Grundidee und die Art, wie Annes Geschichte präsentiert wird, konnte mich in einer Leseprobe wirklich fesseln: Gut ein Jahr nach ihrer Begegnung mit Damiano fliegt Anne in höchster Not zu ihrer Freundin Freya nach Irland, welche sie ebenfalls in dem Rollenspiel kennengelernt hat. Freya gehört zusammen mit ihrer Tante Morrigan einem naturreligiösen Wicca-Zirkel an (mehr dazu bei Wikipedia), und beide lassen sich Annes Geschichte erzählen. Dabei wechseln sich dann vergangene und aktuelle Sequenzen ab.
Trotzdem war Nachtstimmen insgesamt ein sehr schwieriges Buch für mich und es kamen eine Menge Kritikpunkte zusammen. Sobald erst einmal der Part mit dem Rollenspiel beginnt, wird es langwierig und zäh. Nichts gegen Rollenspiele, aber da würde ich als Leser dann wirklich mit ins Spiel eintauchen wollen. Etwa so wie bei Erebos, indem man die Handlung aus Sicht des Spielers erlebt und das Gefühl bekommt, direkt dabei zu sein. Hier war es eher mühsam, all die Einträge der verschiedenen Personen, die mitspielen, nachzulesen.
Auch die Charaktere fand ich widersprüchlich, insbesondere Anne. Sie ist absolut tough in ihrem Wirtschaftsjob, dabei aber sehr empathisch. In ihrem privaten Leben schafft sie es allerdings nicht, längst fällige Entscheidungen zu treffen und wirklich mal mit ihrem Mann über die vielen Probleme zu reden. Stattdessen ist sie abweisend und zieht sich in Tag- bzw. Nachtträumen zurück. An diesem Punkt war mir auch nicht klar, wieso sich Anne über Damianos Frau mokiert, die sich nicht mit ihrem Mann austauscht, als wären sie und Sebastian nur ein Stück besser. Sie sagt ihm nicht, was Sache ist, versucht immer nur den Schein und den Familienfrieden zu wahren und schluckt Dinge hinunter, die einfach gar nicht gehen.
Die erotische Komponente in Form von Cybersex konnte mich auch nicht richtig überzeugen. Erotische Fantasien vom Fesseln, Augenverbinden, einer gewissen Unterwerfung und Dominanz finde ich nicht so ungewöhnlich. Und wenn sich die Dominanz des Mannes nur in 'du bist mein', 'du gehörst deinem Darklord' etc. äußert, ist das meines Erachtens auf Dauer zu wenig. Da ich in letzter Zeit mehr fesselnde erotische Literatur gelesen habe, bin ich inzwischen vielleicht zu verwöhnt. Die in Nachtstimmen beschriebenen Szenen konnten mir leider nicht mal ansatzweise ein Kribbeln oder einen Satz roter Ohren entfachen. Und dass die Protagonisten sich nach mehr als 500 Seiten noch immer nicht in Natura begegnet sind, fand ich wirklich merkwürdig. Das ganze Buch ähnelt damit einer zu lang geratenen Einleitung für die kommende Bände.
Nach einiger Zeit hatte ich mich dann allerdings in Anne Amalia Herbsts Stil eingelesen und fand Nachtstimmen doch noch ganz unterhaltsam. Das lag insbesondere an Freya und Morrigan, denn diese beiden Charaktere waren sehr geheimnisvoll und ein echter Lichtblick. Ob ich die Die Banfhile-Chroniken weiter lese, werde ich wohl spontan entscheiden. Band 2 soll noch im Laufe dieses Jahres erscheinen.
Ein herzlicher Dank geht an Anne Amalia Herbst für das Rezensionsexemplar - im Austausch für eine ehrliche Rezension.
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