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24.

Nov 2012

~ND

The Hallowed Ones

Katie wusste immer, was sie vom Leben erwarten soll. Sie ist Amish und mit diesen Werten und der Religion groß geworden. Sie erwartet, eines Tages ihren besten Freund aus Kindertagen Elijah zu heiraten, Kinder zu bekommen und das typische Leben einer Amish Frau zu leben: gehorsam, ruhig und gottesfürchtig. Doch vorher kommt noch Rumspringa. Das ist die Zeit für junge Amish, die Welt Draußen zu entdecken - mit allem, was sie zu bieten hat, um dann mit vollem Wissen und Vertrauen in die Kirche einzutreten und all die Sünden in der 'englischen Welt' für immer hinter sich zu lassen.
Katie lebt von dem Gedanken an Rumspringa. Sie hatte schon immer Probleme, sich mit blindem Gehorsam allem zu beugen, was der Bischof und die Ältesten diktieren, wie es die restlichen Mitglieder ihrer Gemeinde zu tun scheinen. Stattdessen muss sie erst alles überdenken und verstehen, sehr zum Ärger des Bischofs. Mit Rumspringa hofft sie, diesen Drang endgültig zu befriedigen, denn so sehr es sie auch nach Draußen zieht, sie hat nie ernsthaft erwogen, danach nicht wieder zu ihren Leuten zurückzukehren.
Doch dann geschieht irgendetwas in der Welt Draußen. Die Amish haben keine Telefone und leben zurückgezogen und haben deshalb keine Möglichkeit, genau zu erfahren, was passiert. Nach und nach dringen aber Berichte von gewalttätigen Aufständen mit Toten und Vermissten und jeder Menge Zerstörung zu ihnen durch. Die Ältesten beschließen, dass sie die Probleme der Welt Draußen, für die diese sicherlich selbst verantwortlich ist, ihre Gemeinde nichts angeht und entscheiden, die Tore zu ihrer Siedlung zu schließen. Niemand darf mehr rein oder raus.
Als Katie einen schwer verletzten jungen Mann an der Grenze zum Land der Amish findet und die Ältesten ihn seinem Schicksal überlassen wollen, weiß Katie, dass sich ihnen widersetzen muss. Sie rettet den jungen Mann und versucht, ihn gesund zu pflegen. Doch sie muss bald feststellen, dass was auch immer in der Welt passiert, mehr ist, als die Sünden normaler Menschen. Das pure Böse ist da draußen und Katie muss sich fragen, ob sie es in ihre Mitte geholt hat - in Form eines jungen Mannes.

Eigentlich hatte ich erwartet, dass ich mit The Hallowed Ones von Laura Bickle so meine Probleme haben würde. Stark religiöse Geschichten bzw. Hauptcharaktere können schnell anstrengend werden. Glücklicherweise war dieses Buch und vor allem Katie aber gar nicht, was ich erwartet/befürchtet habe. Katie ist zwar in der Tat sehr gläubig und aufgrund ihrer Erziehung hat sie einige Ansichten, die ich für mich persönlich nicht nachvollziehen kann. Aber sie denkt für sich selbst und ist definitiv kein Schäfchen, das blind folgt. Sie liest gerne Comics, liebt Coca Cola und ist fasziniert vom Leben Draußen. Sie glaubt an Gott, aber es ist einfach in ihrer Natur zu hinterfragen und sie zweifelt schon bevor die Welt untergeht, ob ihre Ältesten immer richtig liegen. Ihr Freund Elijah ist da das genaue Gegenteil. Er ist ein guter Kerl, aber er denkt nicht für sich selbst. Für ihn ist klar, dass er und Katie heiraten werden und es genügt ihm, einfach so lange zu warten, bis sich alles für ihn fügt. Und Alex, der junge Mann, den Katie rettet, ist noch einmal eine ganz andere Figur. Er ist völlig anders, als alles was Katie kennt und gleichermaßen faszinierend wie erschreckend für sie. Er ist sogar für unsere Standards ein komischer Vogel, hat aber definitiv seinen Reiz. Neben diesen dreien gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Charaktere. Alle stehen für die verschiedenen Richtungen, in die Katie sich gezerrt fühlt, bieten aber auch Abwechslung und einige interessante Einblicke in das Leben der Amish.
Überhaupt ist es Laura Bickle sehr gut gelungen, die Religion und das Leben der Amish zu vermitteln. Respektvoll aber auch kritisch stellt sie ihren Alltag und auch den Umgang mit schwierigen Situationen dar. Ich habe definitiv eine Menge über diese Glaubensgemeinschaft gelernt und mich weder belehrt, noch beleidigt oder bedrängt gefühlt. Die Tatsache, dass die Charaktere so wenig von der 'englischen Welt', wie sie unsere Zivilisation bezeichnen, mitbekommen, bietet für die Geschichte einige wirklich spannende Vorteile. Alleine schon wegen der schwierigen Kommunikation mit der Außenwelt.
Was genau da draußen lauert, will ich euch ehrlich gesagt noch gar nicht so genau verraten. Hätte ich es vorher dem Lesen gewusst, hätte ich es vermutlich albern gefunden. In der Geschichte klappt es aber so gut, dass ich mich nie auf den Gedanken gekommen bin, mich zu beklagen. Nur so viel, es ist ein erstaunlich brutales und blutiges Buch, das nicht viel zurückhält.
Es war allerdings auch nicht perfekt. Prinzipiell haben mir die verschiedenen Entwicklungen sowohl zwischen den Charakteren als auch in der Geschichte selbst sehr gut gefallen. Das meiste war spannend und logisch erklärt und hat gut in den Fluss der Geschichte gepasst. Doch manchmal waren die Emotionen bzw. deren Veränderungen nicht gerade nachvollziehbar. Oder vielmehr ging es zu schnell. Innerhalb weniger Tage ver- und entlieben sich einige Charaktere, fangen an sich zu hassen oder verändern ihren ganzen Glauben. Es sind natürlich besondere Umstände, aber für solche Entwicklungen hätte sich die Autorin meiner Meinung nach mehr Zeit lassen sollen.

Aber auch das ändert nichts daran, dass Laura Bickle mit The Hallowed Ones ein wirklich gelungener Start in ihre gleichnamige Reihe gelungen ist. Die Amish sind eine spannende Alternative zur r'normalen' Gesellschaft und aufgrund ihrer deutschen Wurzeln besonders für deutsche Leser interessant. Doch gleichzeitig ist ihre Welt immer noch so fremd, dass es sich fast schon ein bisschen dystopisch angefühlt hat. Eine ausgesprochen starke Heldin, eine interessante Geschichte und jede Menge Spannung machen es zu einem Buch, dessen Fortsetzung ich auf jeden Fall lesen werde. The Outside (Amazon-Partnerlink*) erscheint allerdings erst irgendwann 2013.
Leider ist mit über Pläne einer deutschen Veröffentlichung noch nichts bekannt.

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Kommentare

1 - 2 von 2 Kommentaren auf der Seite.

Sabrina schrieb am 24.11.2012 12:59:02:

Ich bin ja eigentlich auch kein Fan von Büchern mit starkem religiösen Hintergrund, aber "The Hallowed Ones" hört sich trotzdem sehr spannend und einen Versuch wert an.

ND - Buchjunkies schrieb am 24.11.2012 15:22:10:

Dadurch, dass die Religion wie gesagt nicht auf eine 'belehrende' Art verwendet wurde, hat es mir tatsächlich erstaunlich gut gefallen. Ist wirklich mal einen Versuch wert :)

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