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26.

Nov 2011

~nia

Time to run / Den Tod im Blick

Die 15-Jährige Jem ist eine extreme Einzelgängerin. Seit sie als kleines Kind ihre Mutter an einer Überdosis verloren hat, kam sie von Pflegefamilie zu Pflegefamilie. Sie ist ruppig, wortkarg, kontaktscheu und guckt andere Menschen auch nur ungern an. Das alles hat aber einen Grund: Jem sieht in den Augen anderer Menschen ein Datum. Nicht irgendein Datum, sondern den Todestag der Person. Seit sie den Tod ihrer Mutter hinnehmen musste, versucht sie aus Selbstschutz für sich zu bleiben. Doch dann lernt Jem Spinne (Terry) kennen, einen riesigen, hibbeligen Kerl, der sich einfach nicht so recht abweisen lassen will. Und bevor sie es überhaupt mitbekommt, hat Spinne sie zu einer Freundin erkoren.

Als Jem bei einem Ausflug mit Spinne in einem Londoner Vergnügungspark lauter Menschen mit dem aktuellen Datum als Todestag um sich herum sieht, gerät sie in Panik und verlässt mit Spinne fluchtartig den Park. Kurz darauf explodiert eine Bombe und Jem und Spinne geraten durch ihre Flucht ins Visier der Fahnder. Und weil beide schon mit der Polizei aneinandergeraten sind und auch noch aus einem sozialen Londoner Brennpunkt stammen, fürchten sie, als schuldig zu gelten und flüchten aus der Stadt. Doch Jem hat noch ein viel dringlicheres Problem: Spinnes Todestag ist nicht in ein paar Jahrzehnten oder Jahren, nein, es bleiben ihm nur noch Tage und Jem weiß einfach nicht, ob sie irgendetwas tun kann, um seinen Tod zu verhindern...

Die Idee von Time to run / Den Tod im Blick ist wirklich spannend und interessant: Ein Mädchen, dass sehen kann, wann jemand sterben wird und mit diesem Wissen irgendwie ihr Leben meistern muss. Doch leider ist die gute Idee auch schon fast alles, was mir an Rachel Wards Roman gefallen hat. Jem, als Protagonistin und Icherzählerin, ist nicht nur ruppig und kontaktscheu - sie ist geradezu unsympathisch. Nicht nur, dass sie eigentlich alle Menschen um sich herum ständig vor den Kopf stößt, nebenbei ertrinkt sie auch noch in Selbstmitleid. Dazu verhält sie sich oft widersprüchlich. Sie will erst nichts mit Spinne zu tun haben und dann wird er recht schnell zu ihrem einzigen Freund. Außerdem wird anfangs sehr oft betont, dass Spinne ein Problem mit der Körperhygiene zu haben scheint, wie Jem mehrfach sagt: er stinkt. Dennoch hält das Jem im Verlauf der Flucht nicht davon ab, Spinne körperlich (und geistig) immer näher zu kommen. Alleine diesen Punkt fand ich schon extrem unglaubwürdig. Wer von euch würde jemanden küssen oder mit ihm eine innige Beziehung eingehen, wenn ihr die Person nicht riechen könnt?

Hinzu kommt noch, dass Jem und Spinne sich bei ihrer Flucht wirklich total dämlich verhalten und kein bisschen vorausschauend agieren. Auch, dass anscheinend jeder in ganz England nichts anderes zu tun hat, als auf zwei Teenager zu achten, die gesucht werden, fand ich ebenfalls weit hergeholt. Das alles ließe sich ja noch gut lesen, wenn Jem sympathischer wäre. Doch diesen Sprung schafft sie erst ganz zum Schluss. Plötzlich kann man als Leser mit ihr mitfühlen und eine enorme Wandlung ihrer Persönlichkeit feststellen. Doch diese Wandlung kam so spät, dass Time to run / Den Tod im Blick von Rachel Ward mich nicht überzeugen konnte.

Der zweite Band heißt The Chaos / Den Tod vor Augen. Der dritte Teil ist noch nicht übersetzt worden und trägt den Titel Infinity / Den Tod im Griff (Amazon-Partnerlink*).

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Kommentare

1 - 2 von 2 Kommentaren auf der Seite.

lesemomente Pro schrieb am 26.11.2011 10:35:52:

Oh, erstaunlich wie unsere Meinungen sooo sehr auseinander gehen können.
Ich gehöre zwar auch nicht zu den totalen Verfechtern dieses Buches, aber ich mochte es schon sehr gerne lesen.
Ich fand Jem auch nicht unsympathisch, sondern relativ glaubwürdig dargestellt, wenn ich mich recht erinnere.

nia schrieb am 26.11.2011 13:50:01:

Hallo!
Habe deine Rezi gelesen, nachdem ich sie geschrieben hatte und dachte auch: ganz schön unterschiedlich.
Aber ich war wirklich zwischendrin versucht, das Buch abzubrechen: als Jem und Spinne panisch das Auto stehen lassen und mit Plastiktüten über Wiesen und Zäune kraxeln, dachte ich echt, jetzt hört's auf. Der Schluss war dann ok, was mich für Bd. 2 zuversichtlicher stimmt (hab die Bücher nämlich beide geliehen bekommen und mag sie drum auch lesen und vorstellen...).
Dein zweite Rezi fiel auch besser aus als die erste - ich bin gespannt:).
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
wünscht nia

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