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28.

Jul 2013

~ND

Branded

In den USA der Zukunft werden Kriminelle nach einem sehr einfachen System verurteilt. Sie und ihre Sünden sind an den farbigen Brandmalen um ihren Hals zu erkennen:

Blau für Lust
Orange für Völlerei
Geld für Habgier
Schwarz für Faulheit
Rot für Zorn
Grün für Neid
Lila für Stolz

Diese Kriminellen werden Sinner (Sünder) genannt und sobald sie nur in Verdacht geraten, eine dieser Sünden zu begehen, werden sie sofort verhaftet. Doch man wird nur den Wenigsten von ihnen auf der Straße begegnen und auch nur dann, um die niedrigsten arbeiten auszurichten. Die anderen Sinner verbringen den Rest ihres Lebens in The Hole (Das Loch), einer Art eigener Stadt, in der die Sinner ohne Regeln leben und nur die wenigsten Insassen alt werden. Manche von ihnen haben dort Jobs zu erledigen, andere müssen um jeden Essensrest kämpfen. Die einzigen, die Kontrolle haben, sind der Commander und die Wächter, die ihre Dominanz und Brutalität bei jeder Gelegenheit demonstrieren.

Doch nicht alle Sinner sind auch wirklich schuldig. Immer wieder landen Unschuldige in dieser Hölle, denn wie gesagt reicht schon eine Beschuldigung und schon wird man ohne Prozess abtransportiert.
So ist es auch der 18-jährigen Lexi ergangen. Sie wird der Lust beschuldigt und ohne Umschweife nach Hole gebracht und mit einem blauen Brandmal versehen. Sie kann sich allerdings noch glücklich schätzen, denn anstatt als Prostituierte (wie die meisten anderen Frauen mit einem blauen Mal), wird sie zur Arbeit im einzigen Krankenhaus der Anlage eingeteilt. Sie ist eine der wenigen Sinner, die unter ständiger Bewachung stehen und sie weiß nicht, warum. Bisher gibt es für sie nichts weiter als ihre Arbeit und ihre Zelle, während sich die anderen Sinner um sie herum gegenseitig töten. Doch die hübsche Lexi löst vor allem bei den Männern noch ganz andere Triebe aus.
Ihre einzige Gesellschaft ist ihr Wächter Cole, der sie vor ihren Mitinsassen beschützt, und sein Hund Zeus. Doch Cole wirkt kalt und skrupellos und Lexi weiß, dass sie ihm nicht vertrauen darf...auch wenn er aus irgendeinem Grund ihr verräterisches Herz schneller schlagen lässt.

Mit der Zeit wird Lexi klar, dass sich irgendetwas in Hole zu verändern scheint. Immer wieder schaffen es Sinner, sich Waffen und Sprengstoff zu besorgen und greifen die Wachen an. Und die Aufstände häufen sich. Irgendwo in der Stadt hat sich ein Widerstand gebildet - und Lexi hat mehr damit zu tun, als sie ahnt.

Die Idee von Branded von Abi Ketner und Missy Kalicicki hat mir richtig gut gefallen. Die Welt, in der Lexi lebt, ist von Gewalt geprägt. Denn selbst die Menschen in Freiheit, leben in ständiger Angst davor, von irgendjemandem einer Sünde beschuldigt zu werden. Außerdem ist das ganze System korrupt und die Kluft zwischen arm und reich ist riesig.
Trotzdem ist Hole noch einmal eine ganz andere Art von Hölle. Mord und Vergewaltigung sind an der Tagesordnung und jeder ist sich selbst der nächste. Außerdem tragen alle ihre 'Verbrechen' für jedermann sichtbar um den Hals mit sich herum und können dadurch schnell zum Opfer werden. Vor allem Lexi mit ihrer blauen Markierung wird von allen nur als Flittchen betrachtet.
Wir lernen Lexi kennen, als die Wächter gerade vor ihrer Tür stehen und sie mit nach Hole nehmen wollen. Von da an nimmt die Geschichte extrem schnell Fahrt auf und ich dachte, dass mich eine spannende neue Dystopie erwartet. Leider kann sich der sehr starke erste Eindruck leider nicht über das ganze Buch hinweg halten.
Denn je weiter die Geschichte fortschreitet, umso mehr häufen sich die Schwachpunkte. Denn Vieles ist doch sehr unlogisch bzw. unrealistisch. Ich persönlich lege bei einer Dystopie und bei Science Fiction allgemein großen Wert darauf, dass die Welt und die Handlung gut durchdacht sind. Die Regierung, die Aufstände, die Entwicklungen - all das muss gerade in diesem Genre Sinn ergeben. Das war bei Branded leider nicht immer der Fall.
Z.B. macht das ganz Konstrukt von Hole nicht besonders viel Sinn. Wenn man die Wächter erst einmal kennen lernt, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass sie die Sinner so frei herumlaufen lassen, wie sie es tun, denn eigentlich ist Kontrolle alles für sie. Außerdem werden den Gefangenen bei ihrer Ankunft alle Habseligkeit abgenommen. Dennoch finden sich gerade im Krankenhaus immer wieder persönliche Gegenstände, wie Bücher, Schmuck oder Kleidung. Auch was die zeitliche und räumliche Aufteilung angeht gibt es immer wieder Fehler. So werden aus ein einigen Tagen gerne mal ein paar Stunden oder etwas, das eben noch ein kurzer Fußmarsch war, ist plötzlich eine Strecke, für das man ein Auto braucht.
Auch die Charaktere und Beziehungen sind nicht immer ganz glaubwürdig. Lexi sagt immer, dass sie niemandem vertrauen kann und stark sein muss. Tatsächlich vertraut sie aber sehr schnell und ist meist ein Häufchen Elend, sobald irgendetwas schief läuft. Wenn sie Freundschaften schließt geht das meist sehr schnell und ohne, dass ich als Leser das nachvollziehen konnte. Colt war mir nach anfänglicher Skepsis zwar deutlich sympathischer, aber auch er hat nicht immer wirklich glaubhaft gehandelt. Einziger Lichtblick war sein Hund Zeus, der immer wieder für ein paar nette Szenen gesorgt hat.
Unterstrichen werden all diese Punkte auch noch von dem sehr groben und teilweise zu simplen Schreibstil. Wert aufs Detail wird hier kaum gelegt. Das Meiste wird schnell und manchmal unverständlich abgehandelt. Vor allem aber das Ende wirkt gehetzt und vergleichsweise flach und ereignislos. Wenigstens bleibt dem Leser aber ein Cliffhanger erspart.

Insgesamt war Branded von Abi Ketner und Missy Kalicicki daher ein sehr schwieriges Buch für mich. Denn auch die wirklich tolle Idee konnte über die vielen Schwachstellen nicht hinwegtäuschen, so dass vor allem die zweite Hälfte eine große Enttäuschung war. Ob ich die nächsten Teile der Sinners-Reihe lesen werde, kann ich deshalb noch nicht sagen.
Über eine deutsche Veröffentlichung ist mir bisher noch nichts bekannt.

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